Pompidou-Gruppe beim Europarat.
Die Pompidou-Gruppe (Cooperation Group to Combat Drug Abuse and Illicit Trafficking in Drugs) wurde 1971 auf Initiative des damaligen französischen Präsidenten Georges Pompidou durch ein Teilabkommen im Rahmen des Europarats gegründet. Gründungsmitglieder waren Frankreich, Belgien, Deutschland, Italien, Luxemburg, Niederlande und das Vereinigte Königreich. Inzwischen gehören der Pompidou-Gruppe 35 Staaten (von den derzeit 47 Mitgliedern des Europarats) an. Zweck ist die Zusammenarbeit ihrer Mitgliedsstaaten im Bereich der Bekämpfung des Drogenmissbrauchs und des illegalen Drogenhandels. Sie ist die erste – und damit älteste – europäische Institution im Bereich der Internationalen Drogenpolitik. Die Pompidou-Gruppe führt Politik, Wissenschaft und Praxis zusammen. Zu diesem Zweck hat sie seit 2004 sechs themenbezogene Plattformen eingerichtet, in denen sich Expertinnen und Experten der Mitgliedsstaaten aus Wissenschaft unterschiedlicher Disziplinen und Praxis mit vier Arbeitsbereichen (Behandlung, Prävention, Strafjustiz, Flughäfen) und zwei übergreifenden Themen (Forschung, Ethik/Menschenrechte) befassen.
Diese Plattformen kommen ein bis zwei Mal jährlich zusammen, um Kenntnisse und aktuelle Entwicklungen auf dem jeweiligen Gebiet auszutauschen sowie Probleme und Handlungsbedarf zu identifizieren. Ihre Ergebnisse kommunizieren sie in Form von Stellungnahmen und Empfehlungen an die politische Ebene. Die Schülerumfrage ESPAD (European School Survey Project on Alcohol and Other Drugs) ist ein Projekt der Pompidou- Gruppe und seit 1995 eine der wichtigsten Quellen für Erkenntnisse über das Konsumverhalten von Jugendlichen in Europa. Deutschland beteiligte sich seit 2002, allerdings nur in sieben Bundesländern (Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland und Thüringen).
Noch im November 2008 lobte die damalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing, an einer Konferenz in Warschau die bisherige Arbeit der Pompidou-Gruppe und zeigte Entwicklungsmöglichkeiten für die Zukunft auf. So schlug sie u. a. vor, konkrete, zeitlich und inhaltlich begrenzte Arbeitsaufträge an die Expertengremien zu richten, um so die Aufmerksamkeit besser auf aktuelle Probleme mit politischem Handlungsbedarf zu lenken.
Austritt Deutschlands
Dr. jur. Franz Pietsch , Leiter der Abteilung II/1 im österreichischen Gesundheitsministerium (Ombudsstelle für Nichtraucherschutz, Rechts- und Fachangelegenheiten Tabak, Alkohol und substanzungebundene Süchte sowie Internationale Suchtangelegenheiten); langjähriger Leiter des Bereiches III/B im BMG (Drogenkoordination und Rechtsfragen); bis Juli 2010 Nationaler Drogenkoordinator der Republik Österreich und Vorsitzender der ressortübergreifenden Bundesdrogenkoordination sowie des Bundesdrogenforums; seit 2002 Mitglied des Verwaltungsrates und seit 2005 auch Mitglied des Vorstandes der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht in Lissabon und seit November 2010 Mitglied des Exekutivkommittees der Pompidou-Gruppe des Europarates in Straßburg, beklagte am 20. März 2012 in seinem Vortrag „Europäische Suchtpolitik – quo vadis?“ im Institut für Wissenschaft und Kunst in Wien den Austritt Deutschlands aus der Pompidou-Gruppe und lobte gleichzeitig den Eintritt der Länder Monaco, Marokko und Montenegro in die Gruppe.
Das seltsame Schweigen Dyckmans
Bis zum Jahr 2009 wurde alljährlich im Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung über die Aktivitäten der Pomidou-Gruppe berichtet. Im Drogen- und Suchtbericht von 2011 (im Jahr 2010 verzichtete die Drogenbeauftragte auf die Publikation eines solchen Berichtes), der von Dyckmans herausgegeben wurde, erscheint der Begriff „Pompidou-Gruppe“ nicht mehr. Auch findet man keine Pressemitteilung von der Drogenbeauftragten Dyckmans zum Austritt Deutschlands aus der Pompidou-Gruppe. Nirgends wird dieser Austritt erwähnt. Er sollte wohl vor der Öffentlichkeit verheimlicht werden. Doch die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu erfahren, was die Bundesregierung bewogen hat, diese international eine gute Reputation genießende Gruppe zu verlassen. Waren die Expertisen der Fachleute der Pompidou-Gruppe zu fortschrittlich, zu liberal, zu sehr an den Menschenrechten und zu wenig an der Repression orientiert?
Auf diese Fragen erwartet die Öffentlichkeit – nicht nur in Deutschland – sachliche Antworten.
Wenn die Drogenbeauftragte Dyckmans nicht fähig respektive nicht willens ist, diese Antworten in adäquater Form zu geben, dann soll sie ihren Job aufgeben und den Platz für eine geeignetere Person frei machen, denn diese Antworten gehören zum Pflichtprogramm einer oder eines Drogenbeauftragten. Wer seine Pflicht nicht erfüllt, ist fehl am Platz auf diesem Posten und sollte schnellstmöglich zurücktreten.
http://hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2012/146_juni/s05_0612_cousto_dyckmans.php
von Max Plenert