Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler (CSU) und das Bundeskriminalamt (BKA) haben gestern die Zahl der Drogentoten im Jahr 2016 und ihren Bericht zur „Rauschgiftlage“ vorgestellt.
1.333 „rauschgiftbedingte Todesfälle“ wurden demnach im letzten Jahr registriert – 9 Prozent mehr als 2015. Haupttodesursache war die Überdosierung von Heroin.
Anders als Marlene Mortler sagt, ist JES der Meinung, dass die steigende Zahl der Todesfälle nur am Rande mit Legal Highs, steigender Stoffqualität oder sinkenden Preisen zu tun. Hauptgrund ist die Drogenpolitik im Bund und vielen Ländern, die auf verschiedene lebensrettende Maßnahmen bewusst verzichtet.
Wie die gesamte Fachwelt, fordern JES und die Deutsche AIDS-Hilfe seit langem ein Umdenken in der Drogenpolitik und bei der Justiz.
Öffentliches Bedauern ist scheinheilig
Die Drogenbeauftragte steht in der Pflicht, die wissenschaftlich erprobten Mittel der Lebensrettung und Prävention der Bundesregierung und den Ländern zu vermitteln. Das alljährliche öffentliche Bedauern hilft niemandem, sondern verschleiert die eigene Verantwortung. Man kann es nur noch scheinheilig nennen.
Wirksame Maßnahmen sind längst verfügbar
International besteht unter Expert_innen Konsens darüber, welche Maßnahmen wirken. Dazu gehören
- Drogenkonsumräume, in denen man unter hygienischen Umständen konsumieren kann, zu Safer Use beraten wird, Impfungen und Tests auf Hepatitis angeboten bekommt und im Notfall medizinische Hilfe erhält
- die Vergabe steriler Konsumutensilien und andere Präventionsmaßnahmen in Haft (viele der Drogentoten waren Häftlinge)
- die Abgabe des Opiat-Antagonisten Naloxon auch an Laien, um bei Überdosierungen lebensnotwendige Hilfe zu leisten
- die Substitutionsbehandlung, die Drogengebraucher_innen sozial stabilisiert, gesundheitliche Schäden verhindert und Beschaffungskriminalität senkt.
Strafverfolgung schießt mit Kanonen auf Spatzen
Die „Polizeiliche Kriminalitätsstatistik“ weist für 2016 insgesamt 302.594 Rauschgiftdelikte aus,7 % mehr als 2015. Davon entfallen allerdings gut 76 % (231.926) auf „allgemeine Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz“, worunter vor allem der Besitz von Drogen fällt – und hier insbesondere von Cannabis und Zubereitungen (145.915 = 63 Prozent der „allgemeinen Verstöße“).
Seit Jahren schießt man hier mit Kanonen auf Spatzen, Diese Strafen begleiten und beeinträchtigen das Leben von Millionen Menschen, zum Beispiel wenn angestrebte berufliche Entwicklungen beendet werden – zum Schaden unserer gesamten Gesellschaft.
https://www.bka.de/DE/Presse/Listenseite_Pressemitteilungen/2017/Presse2017/170508_Rauschgiftkriminalitaet.html?nn=27906
https://magazin.hiv/2017/05/09/drogentodesfaelle-pm-20170508/