Mit der Reform des Substitutionsrechts und einem nun klar erkennbaren Ansatz der Schadensminderung (Harm Reduction) nehmen die BtMVV, die Richtlinien der Bundesärztekammer sowie des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) Abschied vom bisher prioritären Ziel der Betäubungsmittelabstinenz und tragen aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft Rechnung.
Durch eine Klarstellung des Richtlinientextes entfällt die bisher in die Praxis gelebte Zwangskopplung von psychosozialer Betreuung (PSB) und Opioidsubstitution. In den BÄKRichtlinien wird ausdrücklich betont, dass eine Psychosoziale Betreuung sowie psychiatrische oder Psychotherapeutische Behandlung die Behandlungsergebnisse verbessern können. „Eine Psychosoziale Betreuung soll dem Patienten regelhaft empfohlen werden. Auswahl, Art und Umfang der Maßnahmen richten sich nach der individuellen Situation und dem Krankheitsverlauf des Patienten. Dies erfordert die Einbeziehung weiterer Einrichtungen und Professionen. Psychosoziale Betreuung sowie weitere ärztliche und psychotherapeutische Behandlungen sollen vom substituierenden Arzt koordiniert werden.“
Diese Veränderungen bieten insgesamt die Möglichkeit, die Potentiale der Sozialen Arbeit als Expert*innen für das Thema Sucht im Rahmen einer Pharmakotherapie neu zu definieren und zu verdeutlichen. Durch die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen wurde auch ein Rahmen geschaffen, die Kooperation von Medizin und Sozialer Arbeit im Sinne der Patient_innen neu zu gestalten. Die Veränderungen bieten der PSB-Anbieterseite die Möglichkeit die Attraktivität und Wirksamkeit ihrer Angebote kritisch zu überprüfen und ein lebensweltnahes und individuelles PSB Angebot zu gestalten, das die PSB als „Wachstumsmotor“ wahrgenommen wird .
Das Positionspapier von Bundesverbänden und PSB Anbietern ist als Auftakt einer intensiven Auseinandersetzung um Kooperationsmodelle und Finanzierungsformen zu verstehen und soll die Relevanz einer qualitativ hochwertigen PSB unterstreichen.