Der JES Bundesvorstand im persönlichen Gespräch mit dem Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung Burkhard Blienert

Nachdem Burkhard Blienert nun mittlerweile etwa 8 Monate im Amt ist, bot sich dem JES Bundesvorstand die Möglichkeit sich ihm und seinem Arbeitsstab vorzustellen. Dies war unsere erste Gelegenheit unseren Verband, unsere Ziel und Forderungen persönlich mit einer/einem Drogenbeauftragten der Bundesregierung im Bundesministerium für Gesundheit zu diskutieren.

Claudia Ak, Claudia Schieren und Mathias Häde als Mitglieder des JES Bundesvorstands wurden freundlich von Burkhard Blienert und seiner Mitarbeiterin empfangen. Seine lockere Art machte es uns sehr leicht, dass sechzigminütige Gespräch zu beginnen und zum Beginn unser JES Netzwerk vorzustellen. Ganz unbekannt war JES nicht, so waren z.B. unsere Webseite, unsere Crack Pack Aktion und die Videos zum Bundesmodellprojekt NALtrain bekannt. Dennoch war es wichtig die Geschichte und die Entwicklung unseres Netzwerks sowie unsere Ziele darzulegen.

Unsere anderen Gesprächsthemen waren die Diamorphinbehandlung, die Substitutionsrichtlinien und natürlich die Cannabislegalisierung.

Die Anpassung des Zugangs zur Diamorphinbehandlung

JES hat sich bereits vor mehr als 25 Jahren mit der damals so genannten „Originalstoffvergabe“ auseinandergesetzt und die Sicherung dieser Behandlungsform als Kassenleistung über viele Jahre im GBA und BMG begleitet. Die Zugangskriterien zur diamorphingestützten Behandlung sind für uns weiterhin nicht patientenfreundlich und medizinisch nicht begründbar. Sie verhindern, dass das Angebot von allen Opioidkonsument*innen wahrgenommen werden kann. Das Vorliegen einer komorbiden Erkrankung und die Erfordernis einer nicht erfolgreichen oralen Substitutionsbehandlung waren nur 2 Punkte die wir als veränderungswürdig sehen. Herr Blienert sicherte uns zu, dass sein Team sich mit Änderungsvorschlägen beschäftigt, die den Zugang zur Behandlung erleichtern sollen. Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird es einen Vorschlag geben, den Zugang zur Behandlung mit Diamorphin dann endlich niedrigschwelliger zu gestalten. Dann allerdings muss der Gemeinsame Bundesausschuss diesen Veränderungen zustimmen.

Die Novellierung der BtmVV

Die Substitutionsrichtlinien wurden zu Beginn der Corona Pandemie angepasst. So wurde es möglich, dass bisher nicht Take-Home fähige Patient*innen ihr Medikament zeitlich begrenzt eigenverantwortlich einnehmen konnten. Auch die Rezeptierung ohne persönlichen Kontakt in der Arztpraxis war möglich. Unsere Hinweise, dass einige dieser Erleichterungen in die Regelbehandlung übernommen werden sollten, wurde vom Herrn Bienert unterstützt. So laufen Vorbereitungen der neuerlichen Novellierung der BtmVV im Hinblick auf die Substitutionsbehandlung.

Im Zentrum – die Cannabislegalisierung

Natürlich nahm die Cannabislegalisierung viel Raum ein. Wir sagten unsere grundsätzliche Unterstützung zu diesem Vorhaben zu. Dies allerdings nicht ohne einige für uns wichtige Punkte anzusprechen. Unser Vorschlag, den Zugang zu Fachgeschäften ab einem Alter von 16 Jahren unter gewissen Bedingungen zu erlauben, wurde als nicht mehrheitsfähig abgelehnt. Nach Aussage des BMG würden Personen, die noch nicht volljährig sind und Cannabis vom illegalen Markt erwerben, im Rahmen einer Cannabislegalisierung nicht strafrechtlich belangt werden. Wir sind sehr gespannt, ob sich dieser Punkt auch rechtssicher verankern lässt.

Unsere Forderung die Möglichkeit des Eigenanbaus straffrei zuzulassen wurde weder eindeutig bejaht noch verneint. So wird derzeit diskutiert in welcher Form und unter welchen Bedingungen ein Anbau im privaten Raum für Konsument*innen zu realisieren ist. Eine Entscheidung hierzu liegt noch nicht vor.

….und was ist mit anderen Substanzen?

Als Netzwerk, dass vorrangig Konsument*innen von Opioiden, Kokain und Crack zu seinen Mitgliedern und Unterstützer*innen zählt, haben wir natürlich auch die Entkriminalisierung mittels einer einheitlichen straffreien geringen Menge von Heroin, Kokain und Amphetaminen angesprochen, denn viele hunderttausend Menschen werden wegen des Konsums dieser Substanzen kriminalisiert und inhaftiert. Nach Ansicht des Sucht- und Drogenbeauftragten würde diese parallele Debatte die Cannabislegalisierung negativ beeinflussen. Zudem gäbe es hierfür keine politische Mehrheit. Ob dieser dringend erforderliche nächste Schritt in dieser Legislatur begonnen wird, blieb unklar.

Wir waren nach 60 Minuten durchaus zufrieden mit dem Verlauf und den Ergebnissen unseres Gesprächs. Es bleibt abzuwarten, ob alle von uns begrüßten Punkte auch in die Realität umgesetzt werden können.

Wir sagten abschließend als Konsument*innen- und Patient*innenvereinigung unsere Unterstützung bei Entwicklungen zu, die wir als förderlich ansehen. Klar ist aber auch, dass wir wie seit 30 Jahren eine fortgesetzte Kriminalisierung von Drogengebraucher*innen unmissverständlich kritisieren werden.

Claudia Ak, Claudia Schieren, Mathias Häde